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11. Oktober, 2022

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Eckdaten

Für diesen REisetag

Datum: 11.10.2022

Reisezeit: 09:58 - 21:09 Uhr

Reistestrecke: von Marina Scaccia (Sizilien/Italien) nach Insel Favignana (Ankerplatz)
Entfernung: 52,6 sm
Reisedauer 12:10 Stunden
Wind: W-NW 0-20 kn (Was bedeutet das?)
Wetter: Sonnig, 26 °C

Unendlich lange Planungen und dann geht es einfach los

Ein Schiff zu kaufen und sich darüber im Vorwege Gedanken zu machen ist die eine Sache. Es ist eine eher theoretische Beschäftigung mit dem Schiff, den Abläufen und Planungen für die Übergabe. Man erstellt Checklisten und macht sich Gedanken, um ja nichts zu vergessen. Man spricht viel mit den Verkäufern, kontaktiert Marinas und Versicherungen, spricht mit anderen Bootseignern und Segelfreunden, um Erfahrungen abzuschöpfen und bemüht sich in alle Richtungen möglichst wenige Fehler zu machen. Irgendwie ist man die ganze Zeit beschäftigt. - Dann kommt der Tag X - Bei uns war es die Abreise aus Kiel mit dem Auto der Verkäufer. Auf einmal wird aus dem Plan gelebte Realität und es zeigt sich, ob gut geplant wurde oder nicht.

Und dann beginnt das Abenteuer...

Dann fallen alle Zahnrädchen ineinander und man steht plötzlich auf seinem eigenen Boot. Mit der vollen Verantwortung. Niemand da, den man fragen kann. Die bisherigen Eigner sind bereits nach dem Frühstück abgereist. Selber machen ist jetzt angesagt. Das Ablegemanöver ist ungewohnt. Das Schiff ist groß - wenn nicht sogar riesig in unseren bisherigen Maßstäben - die Hafenmanöver fühlen sich an, als würde man einen Frachter ausparken und doch hat es geklappt. Johanna steht auf dem Vorschiff. Vom Steuerstand aus ist sie schwer zu sehen, zu viele Aufbauten sind im Weg. Die Sonne ist vor einiger Zeit aufgegangen und scheint warm und verlässlich auf den Beginn einer großartigen Reise. Die Kinder bewegen sich routiniert auf dem Deck, aber man merkt, dass auch sie aufgeregt sind. Sie laufen mehr als üblich hin und her und sind aufmerksam. Malte gibt Ratschläge und weist auf Mooringleinen anderer Boote hin, die im Weg sein könnten. Leonie deutet auf die sich nähernde Mole und sagt mir, dass ich aufpassen soll. Recht hat sie. Alles ist neu. Ich muss aufpassen.

Die Abenteuer der Aquarel beginnen genau jetzt, genau hier; mit dem Lösen der Heckleinen, ein paar klaren Anweisungen, den ins Wasser fallenden Mooringleinen am Bug, dem sofort startenden Motor und dem stoßweisen Surren der Bugstrahlruder. 

Dann das sonore tuckern des Turbodiesels, der das Schiff mit 3 kn aus dem Hafen schiebt. WIr erreichen die Hafenausausfahrt, die Geschwindigkeit wird auf gut 5 kn Marschfahrt erhöht, der Autopilot eingeschaltet und das war'S.

Das erste Manöver ist geglückt, wir sind wirklich hier. Im türkisenen Wasser des Mittelmeers auf dem Weg nach Barcelona. Der Hafen wird kleiner und jedem hier wird klar: Wir haben das wirklich getan. Es ist tatsächlich wahr.

Der Weg nach Favignana

Es war kein Wind, und nach Vorhersage sollte auch sehr lange keiner kommen. Normalerweise würde uns das stören, aber heute nicht. Das Schiff lief im Autopiloten weiter. Die Stimmung war großartig. Es wurden Späße gemacht und jeder für sich begann auf seine eigene Weise das Schiff zu erkunden. Natürlich hatten wir schon alles inspiziert und auch jede Luke und jede Klappe geöffnet. Aber jetzt tat man es nochmal. Einfach so, weil es sich jetzt anders anfühlt.

Beschäftigung an Bord

Die Kinder setzten sich auf den kleinen Badeplattformvorsprung am Heck. Er ist groß genug um zu Dritt nebeneinander sitzen zu können und die Füße ins Wasser zu halten. Ein tolles Gefühl einfach nur dort zu sitzen, die Strömung des Wassers zu fühlen und sich selbst eine Sekunde zu gönnen.


Ein paar Stunden später hielten wir an, und legten eine Badepause ein. Motor aus, warten bis das Schiff steht und Abfahrt. Freiköpper macht Laune. Die Aquarel verfügt über eine Art Zauntür in der Seereling. Etwa Mittschiffs kann man den Zaun öffnen und dadurch einfach von Bord springen. Dadurch verheddert man sich nicht beim Absprung in irgendwelchen Drähten. Kleiner aber feiner Luxus. Die Kinder sind ambitionierte Schwimmer. Es wurden alle möglichen Schwimmstile vorgeführt. Brust, Kraul und Schmetterlingschwimmen waren dabei, aber auch ein abschließender Arschbombenwettbewerb. Nach dem Baden wird schnell noch das Salz in der Heckdusche abgespült und weiter geht die Fahrt. Was für ein Leben...

Malte entdeckte schnell den neuen Akku-Hochdruckreiniger und den Schrubber für sich. Er wollte gar nicht mehr aufhören das Deck zu schrubben und man muss ihm lassen, dass sich die Arbeit wirklich gelohnt hat. Sicherlich ist das Teakdeck in einem bedauernswerten Zustand, aber durch die fleißige Arbeit erschien es doch in einem gewissen neuen Glanz. Man konnte deutlich sehen, wo ihn der anfängliche Elan verlassen hat und eine Pause eingelegt wurde.

Wind! Alle Segel raus!

Gegen Abend, in etwa in Höhe von Marsala gab es dann noch Wind. Welche eine Freude. Nun waren wir auch endlich soweit die Segel zu setzen und das erste Mal zu sehen, ob wir überhaupt Segel haben. Bis zu diesem Zeitpunkt wussten wir gar nicht in welchem Zustand die Tücher waren, ob sie überhaupt funktionstüchtig sind und ob sie uns sicher nach Barcelona bringen würden. Wir haben einfach den Verkäufern vertraut und das nicht weiter in Frage gestellt. Ich gebe zu, es war ein gewisses Wagnis, denn spätestens hier hätte die Reise zu Ende sein können.

Die Leinenführung für Fallen, Schoten, Niederholer, Strecker usw. ist vollständig ins Cockpit gezogen. Man bedient alles Segel unter der schützenden Sprayhood und muss nicht auf dem Deck herumturnen, um Einstellungen an den Segeln zu machen. So ist es bei Schiffen dieser Größe üblich und es bedeutet, einen erheblichen Sicherheitszuwachs für unsere kleine Crew. Besonders wenn ich an schwere See, Sturm, Nachtfahrten oder Regen denke, bin ich froh, dass es nur wenige Gründe gibt auf Vorschiff gehen zu müssen.


Dennoch liegen hier viel mehr Leinen als wir es bisher kennen. Die Aquarel ist mit einem Rollvorsegel und einem im Mast eingerollten Großsegel versehen. Sie verfügt über einen Kicker, ein Fall für den Gennaker und ein weiteres Fall für das Kuttersegel (Sturmsegel). Dazu die Schoten für die Genua (Vorsegel), die seitlich neben der Sprayhood zu den Winschen laufen. Für Segler ist das jetzt nichts neues, aber dennoch kommen da eine Menge leinen zusammen. Nach einer kurzen Orientierung hatten wir uns zurechtgefunden und dann konnte es auch endlich losgehen.


Segel hoch, das Schiff geht auf die Seite und nimmt Fahrt auf und endlich, endlich geht der Motor aus. Ein großartiger Moment. Schluss mit Brummen und Ruhe im Schiff. Die Aquarel segelt sich großartig, es ist eine wahre Freude ihr dabei zuzusehen, wie sie Geschwindigkeit aufbaut und es war eine Wohltat sie an diesem Tag nicht nur unter Motor, sondern auch das erste Mal unter Segeln erleben zu dürfen.

Segeln bis zum Ankerplatz

Apropos Segel: Ja, sie hat Segel und unter großer Freude stellten wir fest, dass die Segel sogar besser aussahen als wie befürchtet hatten. Wir hatten tatsächlich erwartet, dass sie komplett getauscht werden müssten und wir sie definitiv nicht mehr weiterbenutzen könnten. Nun, dem scheint nicht so zu sein. Die Tücher sind schmutzig, die lange Liegezeit des Schiffes in Tunesien hat viel Wüstenstaub und Schmutz aufgetragen, der sich bestimmt noch beseitigen lässt. Mal abgesehen davon wirken die Nähte und die Form der Segel nun nicht so als wären Sie am Ende ihrer Lebenszeit angekommen. Die Segel stehen gut im Wind und tun wofür sie genäht wurden. Nagut, wir wollen ein Rollgroßssegel nun nicht zu weit in den Himmel loben, aber auch hier haben wir mehr bekommen als wir erwarteten. Großartig!

Der Wind passte perfekt zu unserem Ziel, eine Ankerbucht südwestlich der Insel Favignana: Punta Sottile. Die Aquarel machte sich gut. Es hat Spaß gemacht das erste mal den Ruderdruck am Steuer zu spüren - soweit das mit Steuerrädern eben geht - das Schiff anluven und abfallen zu lassen und mit ihr ein wenig zu spielen. Eine große Freude, auch wenn es eigentlich das ist, was man sowieso immer mit einem Segelboot machen. Dieses mal habe ich mich nicht nur einmal dabei erwischt, wie sich ein zufriedenes Lächeln auf meinem Gesicht zeigte.

Wir segelten in die Nacht, Johanna ließ es sich natürlich nicht nehmen auch das Steuer zu übernehmen und auch sie konnte neben der Aufregung ihre Freude nicht verbergen. So segelten wir in den Sonnenuntergang mit direktem Kurs auf die Ankerbucht. In absoluter Dunkelheit steuerten wir den Leuchtturm an, der exakt an unserem Ankerplatz aufgestellt wurde. Die bedrohlichen Felsen der Insel wirkten viel zu nahe und wechselten sich ab, während das Schiff mit 7 kn dem Ziel entgegen glitt. Die Kinder dachten gar nicht daran ins Bett zu gehen und blieben wach, bis wir die Bucht erreicht hatten. Langsam und vorsichtig tasteten wir uns in die Bucht und suchten nach einem geeigneten Platz. Es war das erste Ankermanöver mit dem Schiff und wir wollten es ruhig angehen lassen.

Anker ab und Schluss für heute

Wir prüften die Tiefen in der Bucht und drehte ein paar Kreise. Nach unseren Informationen sollte es sich hier um sandigen Untergrund handeln. Das ist wichtig, um einschätzen zu können wie gut der Anker wohl halten wird und wieviel Ankerkette gegeben werden sollte. Wir entschieden uns etwa die fünffache Wassertiefe zu geben und legten gut 45 m Kette bei etwa 8 Meter Wassertiefe. Bei diesem Manöver stellten wir fest, dass die Kette keine Markierungen hat, die einem die bisher gegebene Kettenlänge deutlich macht. Wir müssen unbedingt solche Markierungen anbringen. Außerdem ist das Schiff zu lang, um sich gut vom Steuerstand aus mit der Person auf dem Vorschiff unterhalten zu können. Wir müssen uns Handzeichen ausdenken, um nicht Schreien zu müssen.

Aber heute nicht mehr. Der Anker war unten und hielt gut und sicher. Malte war sehr unruhig und hatte Angst, dass der Anker nicht halten könnte. Der Schreck aus dem missglückten Ankermanöver der diesjährigen Sommertour in Schweden, brach sich hier wieder Bahnen. Wir hatten dabei um ein Haar unser Schiff gegen die Felsen gesetzt, weil der Anker sich unvorhergesehen gelöst hatte und das Schiff in Richtung eines aufgeschütteten Wellenbrechers getrieben war. In aller letzter Sekunde und mit mehr Glück als Verstand konnten wir das Schiff vor einer Havarie bewahren. Malte und Leonie waren zu diesem Zeitpunkt allein an Bord und Johanna und ich kamen zufällig gerade noch rechtzeitig mit dem Schlauchboot dazu.

Malte ließ sich beruhigen und wir erlebten eine sehr angenehme und ruhige Ankernacht. Es wird die vorerst letzte sein, denn für die nächsten Tage ist Sturm angesagt und wir werden sehen wie es weiter geht.

Bildergalerie des Tages


Wie geht es weiter?

Morgen früh geht es direkt weiter nach Sardininen. Es ist noch ein weiter Weg und wir müssen uns ranhalten, um rechtzeitig in Barcelona anzukommen.

Uns erwartet nur wenig Schlaf, noch vor Sonnenaufgang werden wir den Anker lichten und uns auf den Weg machen. Das Wetter sieht nicht perfekt aus, wollen wir hoffen, dass wir gut durchkommen.


Wo ist die Aquarel?

Unsere aktuelle Position findest du hier:

Ãœber den Autor Patrick

Moin, ich bin Patrick, der Skipper der Aquarel.

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