Endlich haben wir den Atlantik überquert und sind in der spannenden Fremde. Yeah! Aber beim ersten Einkauf habe ich dann festgestellt, dass wir auf Martinique trotzdem mit dem Euro bezahlen müssen, dass französisch gesprochen wird und wir angeblich auf europäischem Boden stehen sollen. Aber warum ist Martinique denn französisch? Das macht doch keinen Sinn! Ich dachte, hier kommen mal spannendere Länder als die bekannten zu Hause! Außerdem ist Paris doch 3150km von hier entfernt! Und warum sind fast alle Einwohner farbig und sehen gar nicht typisch französisch aus?
Dann dachte ich, dass das bestimmt was mit der Geschichte der Insel zu tun, und habe mal im Internet gestöbert. Ich habe dazu viel zu viel gefunden, um das alles aufzuschreiben. Aber ich fasse für euch mal die wichtigsten Sachen zusammen.
Alles begann vor 4000-6000 Jahren. Da lebten die Indianer aus dem heutigen Venezuela auf Martinique. Danach die Ciboney und im 1.-11. Jahrhundert brachten die Arawaken den Ackerbau auf die Insel. Im 14. Jahrhundert überfielen die Kariben von der Nordküste Südamerikas die Arawaken. Die Männer wurden versklavt und die Frauen wurden mit den Kariben verheiratet. Viele Ureinwohner kamen bei der Eroberung aber natürlich auch um.
Ich finde das richtig fies. Aber das hatte ja bis jetzt nichts damit zu tun, warum Martinique französisch ist. Also weiter:
1502 entdeckte Columbus auf seiner 4. Fahrt Martinique und dachte, er hätte endlich Indien gefunden. Bestimmt werden die Antillen, zu denen auch Martinique gehört, deswegen auch der „Westindische Bogen“ genannt und weil da früher Indianer gewohnt haben. Den Namen Martinique hat Columbus selber der Insel gegeben, obwohl die Einwohner sie „Madinia“ = „Blumeninsel“ nannten. Unter Ludwig, dem XIII. wurde die Insel dann 1635 französisch.
Ach so, Columbus war das natürlich. War ja klar. Der hatte ja auch nichts anderes im Kopf als Entdecker zu spielen! 😉 Ich frage mich aber, warum das nach der Entdeckung dann noch so lange gedauert hat, bis Martinique eine französische Kolonie wurde und warum die Europäer es so toll fanden, sich ganz weit weg liegende Inseln unter den Nagel zu reißen. Martinique hat ja nicht mal Bodenschätze wegen denen es sich lohnen würde.
Unter der Herrschaft von Ludwig XIII. wurden die Kariben dann versklavt und nach Spanien gebracht. Viele starben aufgrund der harten Arbeit und durch den Klimawechsel. Das Sklavenschiffen wurde deshalb abgeschafft, aber die Sklavenhaltung wurde beibehalten. Ab 1524 wurden dann schwarze Sklaven aus Afrika nach Martinique gebracht, um auf den Plantagen der Europäer zu arbeiten. Sie bauten zunächst Tabak und Zuckerrohr an. Später Kaffee, Kakao und Bananen. Außerdem stellten sie Rum für den Export her. Dabei stinkt der doch so! Und ich will gar nicht erst wissen, wie das Zeug dann wohl schmeckt.
Ob der Temperaturwechsel den Kariben wirklich so viel ausgemacht hat? Spanien ist doch auch ganz schön warm. Und warum wurden erst die Kariben als Sklaven verkauft, wenn danach dann neue Sklaven aus Afrika nach Martinique geholt wurden? Vielleicht sollte ja verhindert werden, dass die versklavten Einheimischen sich auflehnen? Wenn ja, dann hat ihr Plan funktioniert, denn bis 1660 war ohnehin fast die ganze einheimische Bevölkerung ausgerottet.
Die Arbeits- und Lebensbedingungen für die Sklaven waren richtig schlecht. Das war sogar so schlimm, dass französische Kolonialbeamte darum baten, dass ein Gesetzbuch regeln sollte, wie die Sklaven zu behandeln sind. Der „Code Noir“ von 1685 änderte das Leben der Versklavten aber nicht wirklich. Immer wieder gab es unter den Sklaven kleinere Aufstände, was aber nichts bewirkte. Ende des 18. Jahrhunderts hatten die Sklavenaufstände dann ihren Höhepunkt erreicht. Aber sie waren nicht die einzigen die sich auflehnten. Auch bei den weißen Plantagenbesitzern und Kaufleuten kam es zu Aufständen. Dabei ging es auch um die Frage, was für eine Stellung Martinique als Kolonie im französischen Imperium haben sollte, welche sozialen Gruppen in der Kolonialversammlung repräsentiert werden sollten und vieles mehr.
Als Ergebnis der Aufstände wurde die Sklaverei 1794 abgeschafft. Großgrundbesitzer, die nicht mit der Kolonialverwaltung zusammenarbeiteten, wurden vertrieben oder ermordet und andere an ihre Stelle gesetzt. Die Abschaffung der Sklaverei war aber eigentlich nur Eigennutz von Frankreich. Die freigelassenen Sklaven wurden nämlich für die Armee und die Kaperschiffe im französischen Krieg gegen Großbritannien benötigt.
Das ist schon ganz schön hinterhältig und ganz schön gemein. Viele sind dann bestimmt im Krieg gestorben. Ich kann mir auch gar nicht vorstellen, wie man auf die Idee kommen kann, andere Menschen wie Tiere zu halten und ihnen Sachen zu befehlen und zu denken, das wäre normal! Also wirklich!
1802 wurde die Sklaverei unter Napoleon aufgrund seiner zukünftigen Frau Josephine wieder eingeführt. Sie war in der Nähe von Fort de France auf der Zuckerrohrplantage der Eltern aufgewachsen. In Fort de France steht als Erinnerung übrigens eine Statue der Kaiserin Josephine.
Allerdings ohne Kopf! Den hat ihr nämlich jemand abgeschlagen und das kann ich sehr gut verstehen! Denn unter der farbigen Bevölkerung war Josephine natürlich nicht sonderlich beliebt….
Am 22.5.1848 wurde die Sklaverei in den französischen Kolonien dann glücklicherweise aber endgültig abgeschafft. Viel ist das wohl dem Politiker Victor Schoelcher zu verdanken. Den Namen sollte man sich also merken. Trotzdem hat es eine Weile gedauert bis wirklich alle Sklaven frei waren. Dadurch entstand allerdings das Problem, dass billige Arbeitskräfte fehlten. Deshalb wurden günstige Arbeitskräfte aus China, Indien und aus dem Nahen Osten importiert. Das macht die Bevölkerung Martiniques noch immer sehr vielfältig.
1902 gab es dann einen Vulkanausbruch des Mont Pelée. Es war bekannt, dass er ausbrechen sollte, aber der Bürgermeister hat das nicht an die Bürger weitergegeben, weil er sich Gedanken um die Auswirkungen auf die anstehenden Wahlen gemacht hat. Seinetwegen sind dann 30.000 Menschen gestorben.
Das ist doch unvorstellbar, oder? Ich hoffe, er hat die Wahlen verloren oder ist selber dem Vulkanausbruch zum Opfer gefallen!
In Panama gibt es seit 1914 einen Kanal, der das Karibische Meer mit dem Pazifik verbindet. Das ist super praktisch und erspart Schiffen einen riesenlangen Umweg um Südamerika. Der Kanal brachte internationalen Schiffsverkehr mit sich und dadurch wurde Martinique nach und nach zum Urlaubsort und ist es heute immer noch.
1946 erhielt die Insel den Status Übersee-Département (Frankreich ist in verschiedene Départements untergliedert) und die Bewohner erhielten hiermit französische Bürgerrechte. Die Insel konnte Abgeordnete und Senatoren nach Paris senden. In der Verfassungsreform 2003 wurde das Département umbenannt in „Département und Region Übersee“ und seit 2016 wurde die Gebietskörperschaft Martinique zum Nachfolger von Département Martinique und der Region Martinique.
Das klingt kompliziert…
Die Insel hat seither zwei Hauptorgane: Den Exekutivrat von Martinique (1 Präsident und 8 Exekutivberater) und die Versammlung von Martinique (1 Präsident, 4 Vizepräsidenten und 46 Berater).
Und wie ist es heute auf Martinique, der Blumeninsel?
Knapp 400.000 Einwohner leben auf den 1128m² Land. Das sind 0,6% der französischen Bevölkerung. Die Wachstumsrate sinkt und die Bevölkerung altert. Die Menschen haben mit einer hohen Arbeitslosigkeit von 22% zu kämpfen. Mehr als jeder 5. hat also keinen Job! Ich frage mich, wie die sich dann überhaupt Essen und alle notwendigen Dinge leisten können. Das ist ja eh schon alles super teuer hier.
Die Zusammensetzung der Bevölkerung erzählt noch viel von der Geschichte Martiniques:
80% sind afrikanischer Abstammung, also Nachfolger der Sklaven.
15% sind indisch oder afro-indisch, also Nachfolger der Menschen, die als billige Arbeitskräfte ins Land kamen, nachdem es keine Sklaverei mehr gab.
5% sind europäisch.
Auf Martinique gibt es also nur ganz wenige hellhäutige Bewohner. Aber egal, ob farbig oder weiß: Wer auf Martinique geboren wurde, wird Kreole genannt. Neben der Landessprache, die natürlich französisch ist, spricht die Bevölkerung nämlich eine französische Kreolsprache. „Madina“ für Blumeninsel ist auch kreolisch.
Die Geschichte von Martinique hat ganz schön viele Schattenseiten. Aber das hat leider wahrscheinlich jedes Land. In Martiniques Geschichte finde ich das Abmetzeln der Einheimischen und die Sklaverei am schlimmsten. Denn am Ende sind Menschen doch alle gleich viel wert! Ich hoffe, die Insel hat aus ihrer Vergangenheit gelernt.
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